Derzeit werden die Konjunkturprognosen nach unten korrigiert. Die EZB reagiert mit – schon länger angekündigten – weiteren expansiven Maßnahmen und darüber hinaus erfolgt schon der Ruf nach einer aktiveren Rolle der Fiskalpolitik. Ist dies angemessen?
Tatsächlich haben die geopolitischen Krisen zu einer Verunsicherung geführt, so dass vor allem die Investitionen geringer zunehmen als bisher erwartet. Somit wird Deutschland dieses Jahr wohl nicht mehr mit etwas über 2% wachsen, sondern nur noch 1 ½% bis 2%. Das ist aber im langfristigen Vergleich für Deutschland nicht so schlecht und auch bei diesem geringeren Wachstum ist nicht mit einem Anstieg der Arbeitslosigkeit zu rechnen.
Die EZB begründet ihre weiteren expansiven Maßnahmen mit der Deflationsgefahr. Derzeit liegt die Inflationsrate sowohl im Euroraum als auch in Deutschland deutlich unter den angestrebten 2%. Blickt man zurück, so haben in den Jahren 2007 und 2008 (vor der Krise) steigenden Energie- und Lebensmittelpreise zu einer Inflationsrate deutlich über den angestrebten 2% geführt. Da die Inflation damals nicht „hausgemacht“ war, musste sie hingenommen werden. Die steigenden Preise haben dazu geführt, dass von Lohnsteigerungen real nicht viel übrig blieb. Die Folge war eine schwache Entwicklung des Konsums. Jetzt sinken die Energie- und Lebensmittelpreise. Bei niedriger Inflation steigen die Löhne und es gibt kräftige reale Einkommenszuwächse. Da sich Sparen bei den niedrigen Zinsen auch nicht richtig lohnt, wächst der Konsum. All das deutet nicht auf eine Spirale nach unten, die es bei einer Deflation ergäbe. Ganz im Gegenteil, es spricht für eine gute Konjunktur. Die Lohnsteigerungen in Deutschland bei weiterer Lohnzurückhaltung in den südlichen Euroländern führen zu einer lange angestrebten und angemahnten Veränderung der Wettbewerbsposition. Dies wird in den nächsten Jahren auch zu stärkerem Wachstum im Süden führen. Notwendig ist Zeit und Kontinuität: eine Aufschieben der Konsolidierungsprogramme oder gar eine aktive Fiskalpolitik würden aktuell zu mehr Verunsicherung führen und greifen wenn sie nicht mehr notwendig sind.
Der Ruf nach aktiver Fiskalpolitik wird häufig mit dem Verweis auf mangelnde staatliche Leistungen verbunden: zu wenige Kindergärten, zu geringe Ausgaben für Bildung und für Infrastruktur. Das mag richtig sein und eine Ausweitung dieser Ausgaben ist sicher notwendig. Dies hat aber nichts mit aktiver Fiskalpolitik zu tun, die im Konjunkturverlauf rauf und runter fährt. Wir werden die Bildungsausgaben aber nicht bei besserer oder schlechterer Konjunktur rauf oder runterfahren. Die schlechte Infrastruktur ist auf jahrelange Sparprogramme zurückzuführen. Wenn wir jetzt staatliche Defizite zulassen würden, um mehr Investitionen in Infrastruktur zu finanzieren, was wollen wir dann tun, wenn die Konjunktur mal wieder wirklich schlechter läuft? Wieder sparen? Notwendig ist hier ein stetiger Ausbau der kontinuierlich finanziert werden kann. Der Haushaltsausgleich muss weiter Priorität haben. Zusätzliche Ausgaben in einzelnen Bereichen müssen durch Sparmaßnahmen in anderen Bereichen ausgeglichen werden. Darüber hinaus entstehende Spielräume im Haushalt sind dann auch mal für Steuerreformen zu nutzen so gilt es, zumindest die kalte Progression auszugleichen.