Wachstum: Qualität oder Quantität – gibt es da einen Widerspruch?

Häufig wird die These geäußert, wir müssten nicht immer mehr, sondern in immer besserer Qualität produzieren. Im Sinne ökonomischer Theorie gibt es diesen Widerspruch nicht: Ein Mehr an Qualität wird als Mehr an Gütern gemessen – oder besser sollte als solches gemessen werden, da es nicht in allen Fällen vollständig gelingt.

Ein Problem bei der Messung der Quantität besteht darin, die Qualität von Gütern und Dienstleistungen zu messen. Im Gegensatz zu vielen Wachstumskritikern meinen die meisten Ökonomen, nicht objektiv den „Wert“ von Gütern feststellen zu können und insofern ist es schwierig festzulegen, wann ein Gut eine bessere Qualität hat. Der Maßstab für Qualität ist die Zahlungsbereitschaft der Käufer dieses Guts, wobei angenommen wird, dass eine höhere Zahlungsbereitschaft (alle anderen Faktoren unverändert) auch eine höhere Qualität bedeutet. Dabei ist es irrelevant woher die Qualitätssteigerung kommt. Es kann zum Beispiel sein, dass neue Technologien das Produkt leistungsfähiger machen, es kann aber auch sein, dass eine umwelt- oder tierschonendere Produktion zur Qualitätsverbesserung beiträgt. Wenn ein Auto mit elektronischer Einparkhilfe 1% mehr kostet als ohne, bedeutet die Einparkhilfe ein Qualitätsverbesserung von 1%. Wenn Eier aus Freilandhaltung 50% mehr kosten, als Eier aus Käfighaltung beutet dies eine Qualitätssteigerung um 50%.

In diesem Sinne gilt, dass Qualitätsverbesserungen immer Wachstum bedeuten; es ist aber nicht immer einfach diese zu messen und im Bruttoinlandsprodukt angemessen zu berücksichtigen. Preise, Qualitäten und Quantitäten ändern sich ständig und die statistischen Ämter haben zu unterscheiden, wann eine Preissteigerung auf eine allgemeine Preiserhöhung eines bestehenden Produkts oder aber auf eine Qualitätssteigerung zurückzuführen ist. Deutlich wird dieses Problem, wenn man Güter betrachtet deren Qualität sich sehr schnell ändert, wie zum Beispiel in den Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT): Den Computer von vor fünf Jahren gibt es heute nicht mehr; selbst der einfachste heute gekaufte Computer übersteigt dessen Leistungsfähigkeit. Die Statistik geht hier wie folgt vor: Sie zerlegt den Computer in Festplatte, Bildschirm, Prozessor usw. Dann wird für jede Komponente die Leistungsfähigkeit verglichen. Nehmen wir an die Leistungsfähigkeit einer Komponente – zum Beispiel die Festplatte – verdoppelt sich und die Komponente hat einen Anteil von 10% an der Gesamtleistung, dann steigt die Leistung des Aggregats um 10%. Die Abbildung zeigt die Entwicklung der Konsumausgaben für Information und Kommunikation. Die nominalen Ausgaben sind im Jahr 2013 um 17% höher als im Jahr 2000. Dabei hat aber die Qualität der Güter deutlich zugenommen. Der reale Konsum – in dem die Qualitätsverbesserungen berücksichtigt sind – hat um 250% zugenommen. Implizit bedeutet dies, dass die Preise für IKT (ohne Berücksichtigung der Qualitätssteigerungen) seit 2000 um 67% gesunken sind. Insgesamt macht das Beispiel sehr deutlich, dass der größte Teil des Wachstums ein Wachstum der Qualität und nicht der reinen Quantität ist.

Entwicklung der Konsumausgaben für IKT

 

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