In den letzten Wochen ist es der OPEC gelungen, über eine Beschränkung der Fördermengen den Ölpreis deutlich ansteigen zu lassen, wobei der Preis immer noch erheblich unter den Spitzenwerten der letzten Jahre liegt. Es stellt sich die Frage, ob die Angebotsverknappung durchgehalten wird und der Ölpreis deshalb auf dem etwas höheren Niveau verbleibt oder sogar noch weiter steigt, oder ob das Angebot wieder ausgeweitet wird und es zu einem Rückgang des Preises kommt.
Die Preisvorhersage ist offensichtlich schon über die nächsten Wochen mit hoher Unsicherheit behaftet. Für viele Fragen ist es aber wichtig eine Vorstellung über die Preisentwicklung in den nächsten Jahrzehnten zu haben: Dies gilt sowohl für Entscheidungen von privaten Haushalten über die Anschaffung von Heizungen oder Fahrzeugen als auch für Investitionen in Kraftwerke oder Raffinerien. Zum Glück bedeutet die kurzfristige Volatilität des Ölpreises von einem Jahr zu anderen nicht unbedingt, dass man keine Aussagen über längerfristige Entwicklungen treffen kann. Kurzfristig ist der Ölpreis so volatil, weil sowohl das Ölangebot als auch die Ölnachfrage sehr preisunelastisch sind. Langfristig können Nachfrager und Anbieter aber auf Preisänderungen reagieren. Dies führt dazu, dass die Volatilität nach oben und unten begrenzt wird und der Ölpreis zu einem langfristigen Trend zurückkehrt.
Auf der Nachfrageseite verwenden Unternehmen und Haushalte die jeweils vorhandenen Technologien, durch die auch der Verbrauch feststeht. Zum Beispiel fahren wir das Auto, das wir haben und heizen mit der Heizung, die wir haben, womit auch der Verbrauch jeweils weitgehend festgelegt ist. Kurzfristig kann wenig auf Preisveränderungen reagiert werden. Über längere Fristen können die Nachfrager aber die Technologien verändern oder auch auf andere Energieträger zurückgreifen: Wenn Öl zu teuer wird, wird es eingespart und damit wird der Preisanstieg nach oben begrenzt.
Auch das Angebot ist kurzfristig unelastisch: Große Teile der Förderkosten bestehen in der Exploration und der Erschließung der Förderstätten. Wenn eine Lagerstätte einmal mit der Förderung begonnen hat, wird die Förderung bei niedrigen Preisen fortgesetzt. Langfristig werden bei hohen Preisen aber neue Förderstätten erschlossen und das Angebot wird ausgeweitet. Bei niedrigen Preisen geht hingegen die Explorationsaktivität zurück und das Wachstum des Ölangebots wird eingeschränkt.
Wohin geht es langfristig mit der Ölnachfrage und dem Ölangebot? Die Weltbevölkerung wächst und – zum Glück – auch deren Einkommen und Wohlstand. Damit steigt die Energie- und auch die Ölnachfrage und deshalb auch die Preise. Die steigenden Preise begrenzen die Ölnachfrage in den Industrieländern, die im langfristigen Trend zurückgeht. Außerdem wird der Preisanstieg durch die Ausweitung der Ölförderung begrenzt. Da die Erschließung neuer Förderstätten aber immer schwieriger wird, steigt der Ölpreis im langfristigen Trend. Im langfristigen Durchschnitt werden sich die Preise zwischen 80 und 100 Dollar je Barrel einpendeln – wobei der Preis in einzelnen Jahren sowohl deutlich darüber- als auch deutlich darunterliegen wird.