Eine grundlegende Annahme in ökonomischen Modellen ist die Maximierung des eigenen Nutzens.Deshalb wird den Ökonomen zum einen vorgeworfen, sie seien herzlos und zum anderen, sie seien unrealistisch, denn man könne in der Realität ja sehr häufig sehen, dass Menschen sich nicht nur eigennützig sondern sozial verhalten. Beide Kritikpunkte sind aus meiner Sicht so nicht berechtigt.
Zum ersten Kritikpunkt ist zu sagen, dass Ökonomen nicht fordern, dass sich Menschen eigennützig verhalten, sondern dass diese Annahme in der Regel bessere Prognosen erlaubt als die gegenteilige Annahme, nach der Menschen sich in erster Linie um das Allgemeinwohl sorgen. Wenn das Allgemeinwohl im Vordergrund stünde, hätten wir wohl keine Finanzkrise und müssten uns nicht über die Begrenzung von Monopolmacht Gedanken machen. Insofern ist es wohl richtig anzunehmen, dass die meisten Menschen sich in den meisten Fällen eigennützig verhalten. Aber natürlich gibt es Ausnahmen, die sich am deutlichsten am Austausch von Geschenken und gemeinsam verbrachter Zeit zeigen.
Die vielleicht wichtigste Ausnahme vom rein eigennützigen Verhalten findet sich in der Familie und im engen persönlichen Umfeld. Hier gibt es Menschen, deren Wohlergehen einer Person ebenso am Herzen liegt, wie das eigene. Die ökonomische Theorie kann eine solche Konstellation nicht beschreiben, weil sie an dieser Stelle zu holzschnittartig ist: Aber, und das ist das Entscheidende, es macht für viele Fragen überhaupt keinen Unterschied, ob eine Person nur für sich selbst über die optimale Konsummenge oder das Arbeitsangebot entscheidet oder ob diese Entscheidungen in einer Partnerschaft oder Familie gemeinsam getroffen werden. Insofern ist es völlig unerheblich, dass die ökonomische Theorie hier nicht alles abbildet. Außerdem können sich die Ansichten über Fragen wie die familiäre Arbeitsteilung auch innerhalb der Familie unterscheiden, wodurch es durchaus sinnvoll ist auch hier die individuelle Nutzenmaximierung anzunehmen.
Neben dem engen familiären Kontext gibt es aber auch viele Bereiche in denen sich die meisten Menschen sozial verhalten und zum Beispiel als gerecht empfundene Aufteilungen solchen vorziehen, bei denen sie selbst den größten Nutzen haben (dazu gibt es schon einige Anmerkungen in einem vergangenen Blogbeitrag). Dabei ist das faire und soziale Verhalten nicht irrational und steht auch nicht im Gegensatz zu der eigenen Nutzenmaximierung. Vielmehr erwarten wir, dass faires und soziales Verhalten, wie es beim Austauschen von Geschenken der Fall ist, erwidert wird, wobei dies nicht sofort geschehen muss, sondern auch in der Zukunft erfolgen kann. Wir leben in einer unsicheren Welt und nicht alles kann und ist abgesichert. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns auf die Gesellschaft und insbesondere auf einzelne Personen verlassen können, wenn es nötig ist. Heute in diese Beziehungen zu investieren, Geschenke, Karten und Zeit auszutauschen ist also alles andere als irrational. Insofern wünsche ich allen für die Weihnachtszeit viele Geschenke und viel Zeit mit anderen.